Interessantes zu Erdmann Neumeister
in den Uichteritzer Kirchenrechnungen

 
Johann Neumeister aus Uichteritz, der Vater des Theologen und Poeten Erdmann Neumeister, nannte sich „Ludimagister“, war Schulmeister und Organist, später Kirchenbuchführer in Uichteritz und später Verwalter auf den Gütern derer von Pöllnitz in Goseck.

Um das Jahr 1702 nahm er bei der Uichteritzer Kirchenkasse einen Kredit über 100 Gulden auf. Wie beachtlich diese Summe war, kann nur anhand Neumeisters Einkünften ermessen werden, die leider noch nicht ausreichend dokumentiert sind.

Dieser Kredit fällt in die Zeit, da Johann Neumeisters Sohn Erdmann Pfarrer in Bibra (heute Bad Bibra) war. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Vater hier seinen Sohn nach Kräften finanziell unterstützte. Die früher von Lokalhistorikern geäußerte Vermutung, dass Johann Neumeister die Aufenthalte seines Sohnes in Schulpforte und als Student in Leipzig durch diesen Kredit finanzierte, kann so nicht bestätigt werden.

Zwei Quellen stützen diese Ansicht: (siehe Abb. 1 und Abb.2)

Erdmann Neumeister schreibt ab 1689 mehrfach an seinen Dienstherrn, den Superintendent Rettner in Eckartsberga und klagt über mangelndes Auskommen.
 



Abbildung 1 – E. N.s Brief aus Bad Bibra als junger Pfarrer

Des schlimmen Weges ungeachtet, hatte ich mir dennoch vorgenommen, heüte in Eckartsberga aufzuwarten, allein ich habe Ordre bekommen, mich in Weißenfels bey dem Herrn GRath Looß zustellen wo etwan soll ein Mittel ausgesonnen werden, wo ich meine Sustentation (=Versorgung) hernehmen soll. Von der Fr. Witbe ist nicht ein stäubgen zu schaben ...

 

 
 
Auch weitere Briefe aus dieser Zeit belegen, dass Erdmann Neumeister bei der Übernahme der Bibraer Pfarrstelle materiell schlecht gestellt war. Neben der Verköstigung durch die alte Pfarrerswitwe und einigen Naturalien aus Feld und Garten ist zu dieser Zeit von Geld keine Rede.

Erdmann Neumeister bedankt sich für die elterliche Versorgung nicht nur während der Gymnasialzeit in Pforte, der Studienzeit in Leipzig „fast über euer Vermögen“, sondern auch in der Bibraer Zeit.

Quelle:  in „Priesterliche Lippen“, Sorau 1714 in der Widmung des Buches an seine Eltern: (Abb.2)

 



Abbildung 2 – Auszug aus der Widmung in „Priesterliche Lippen“

 
Welche Informationen sind nun den heute noch im Original vorhandenen Kirchenrechnungen in Uichteritz zu entnehmen?
Zum einen wird deutlich, dass die Kirche durch Verleihen von Geld Jahr für Jahr recht ansehnliche Einnahmen erzielte. Andererseits wird deutlich, welche Anstrengungen der Vater Johann Neumeister unternahm, diesen für seine Verhältnisse gewaltigen Kredit abzuzahlen: In den nachfolgenden Jahren zahlte er die 100 Gulden zuzüglich 12 Gulden und 5 Groschen an angefallenen Zinsen zurück.

Hier nun die Fundstellen in den Uichteritzer Kirchenrechnungen:
 

 

Cap. 6.
An außgeliehenen Capitalien.
100 (Gulden) Herr Neumeistern alhier außgezahlet. per Se.

(Anmerkung: das Währungskürzel „aßo“ oder „a/20“ konnte noch nicht genau gedeutet werden. Es handelt sich aber definitiv, weil rechnerisch bewiesen, um den Gulden á 20 Groschen)

 

 
Hier ist die Eintragung, die den Beginn des Kredites datierbar macht:
... der 8. Mai 1702 ..., so verzeichnet es die obenstehende Eintragung.

Nun folgt Jahr für Jahr eine Tabelle mit 3 Spalten:
Links die Zinsen, mittig der Name des Schuldners und rechts die Kreditsumme.

Hier der Eintrag für das erste Jahr:

 

 
  a/20 gl   d
  a/20 gl d
  Gulden Groschen Pfennige   Gulden Groschen Pfennige
  5          -           - Johann Neumeister Lud. 100 -  
  [die Zinsen]   [die Restschuld]  
 
Diese Tabelle lässt Rückschlüsse auf den damaligen Zinssatz zu.
Ein Vergleich der verschiedensten Schuldner ergab, dass ein jeder mit ein und demselben Zinssatz von 5% belastet wurde.

Berechnungsweise:
Aus 100 Gulden Kredit und 5 Gulden Zins erhält man den Zinssatz von 5% bzw. 1/20 oder 0,05.
 

Im Jahr darauf hat Herr Neumeister 30 Gulden “erlegt”, d.h. zurückgezahlt.

 

 
Hier finden wir die nächste Zins- und Restschuldabrechnung:
Wir gehen vom selben Zinssatz von 5%, 1/20 oder 0,05 wie im Vorjahr aus.

Aus 70 Gulden Kredit entstehen 70x0,05 = 3,5 Gulden Zins.
1 Gulden entspricht 20 Groschen. Deshalb sind 3,5 Gulden = 3 Gulden und 10 Groschen.
 

Wiederum zahlt Johann Neumeister 30 Gulden zurück.

 

 
Die Schulden betragen nunmehr noch 40 Gulden. Dafür zinst er bei einem 5%igen Zinssatz 2 Gulden.
 

 
Wieder ein Jahr später: 15 Gulden Hr. Neumeister erlegt (zurückgezahlt)

Nun müsste seine Restschuld noch 25 Gulden betragen. Die das enthaltende Abrechnung mit diesem Betrag ist nicht abgebildet.
Schauen wir also in die Akte des darauf folgenden Jahres. Es folgt die übernächste Abrechnung.
 

Johann Neumeister hat inzwischen wiederum 15 Gulden zurückgezahlt. Die vermerkte Restschuld beträgt jetzt nur noch 10 Gulden. Er zinst dafür 10 Groschen

 
Der Abschluß des Kredits, d.h. dessen endgültige Rückzahlung ist nicht überliefert, dürfte aber für das darauffolgende Jahr zu erwarten sein.
 
Anmerkungen:

Die hier genannten Geldeinheiten sind der
Gulden á 20 Groschen und der Groschen à 12 Pfennig

GROSCHEN: Groschen, der (plur. Groschen); Der Name geht auf den französischen "Gros von Tours" zurück. Groschen wurden als große Silbermünzen wie der Schilling im Wert von 12 Pfennigen geprägt. Der Groschen wurde 1873 abgeschafft. Der Name hat sich für das Zehnpfennigstück aber bis heute gehalten.

GULDEN: Gulden, der (plur. Gulden); Erste Goldmünze, die in Europa weite Verbreitung fand. Die Abkürzung fl geht auf Florenz zurück, wo die ersten Gulden 1252 geprägt wurden. In Deutschland waren Gulden ab dem 14. Jahrhundert im Süden und im Rheinland verbreitet. Sie hatten oft den Wert von 240 Pfennigen. In Deutschland wurden die Gulden 1876 außer Kurs gesetzt.

 

Quellen:

Kirchenbücher und –rechnungen Uichteritz:
Fotos: Bringfried Schatz mit frdl. Genehmigung der Kirchgemeinde Uichteriz

Erklärungen zu Währungseinheiten:
http://userpage.fu-berlin.de/~tmuehle/europa/euro/euroart02.htm

Erdmann Neumeister „Priesterliche Lippen“ ; Exemplar des Schlossmuseums Weißenfels

 

Uwe Riedel
Bienstädt, im März 2008

(Uwe punkt Riedel at vocalitas punkt de)