Hochwasserhilfe nach 280 Jahren!
Im Juni 2013
wurde Uichteritz, wie so viele Orte entlang der Saale und der
anderen Flüssen, von einem verheerenden Hochwasser heimgesucht. Die
Lobitzscher und die Weißenfelser Landstraße wurden am meisten vom
Wasser betroffen.
Uwe Riedel fand in alten Papieren heraus, dass Bienstädt, sein
Heimatort, vor 280 Jahren fast total abgebrannt ist. Uwe schreibt:
Bienstädt,
ein kleines thüringisches Dorf im Landkreis Gotha wurde 1733 von
einer verheerenden Feuersbrunst heimgesucht. Die Dorfchronik teilt
mit:
„22. März 1733. In der Pfarrscheune bricht am Nachmittag um 4 Uhr
bei heftigem Wind ein schreckliches Feuer aus. Das ganze Unter- und
Obertor steht in einer viertel Stunde in vollen Flammen. Binnen zwei
Stunden werden 56 Wohnhäuser ohne Scheune, Ställe und Hintergebäude
eingeäschert. Nur wenige Häuser hinter der Pfarrei und vor dem
Obertor bleiben unversehrt. Die Bewohner müssen in den
Nachbardörfern Unterkunft suchen und finden dort auch gute
Aufnahme.“ Der örtliche Pfarrer und der Gothaer Superintendent Ernst
Cyprian (1673-1745) baten überall um Spenden für die „abgebrannten
Bienstedter“. Der aus Uichteritz bei Weißenfels stammende Pastor
Erdmann Neumeister (1671-1756) sammelte mit Freunden und seiner
Gemeinde 4 Dukaten und 2 Gulden und sandte sie 1734 nach
Thüringen*).
Nachdem im TV,
Funk und in der Presse im großen Umfang über die Wasserkatastrophe
berichtet wurde, meldete sich Uwe Riedel bei mir und fragte ob er
helfen und etwas Geld spenden könne und vor allem ...wohin. Da ich
Uwe persönlich kenne, weiß ich das er sich von seinem Vorhaben nicht
ablenken lässt und sagte ihm daher, dass das Geld in einem
Kindergarten immer gut aufgehoben ist. Viele Kinder welche von der
Flut betroffen sind, gehen in dahin. Ich rechnete da noch mit etwa
50 Euro die ich ohne groß zu zögern im Kindergarten abgegeben hätte,
wenn mir Uwe das Geld zugesandt hätte. Doch es kam alles ganz
anders. Uwe schreibt weiter:
Heute, 2013, also 280 Jahre später, hat das Saalehochwasser den
Weißenfelser Ortsteil Uichteritz arg in Mitleidenschaft gezogen. Der
Ortschronist berichtet, dass auch Kinder, die in den Uichteritzer
Kindergarten gehen, betroffen sind. Hier bot sich dringend an, eine
uralte Hilfe nach 10 Generationen mit neuer Hilfe zu vergelten.
Dukaten gab es in Bienstädt nicht. Wohl aber Menschen, die ein paar
Euros zu geben bereit waren.
Am Samstag, den 15. Juni fand bei Privatleuten in Bienstädt das
jährliche Open Air mit der Band Spikes’n’Waves statt. Nach einem
Theaterstück des Heimatvereins wurde ein Hut herumgereicht und um
eine Spende gebeten. Sowohl die Band als auch die Schauspieler
agierten ohne Gage. Über 700 Euro kamen zusammen und wurden
persönlich von einem Bienstädter, der ein direkter Nachfahre von
Neumeisters Schwester ist, in Uichteritz übergeben.
Eigentlich wollte Uwe mir das Geld in einem Brief schicken aber die
große Summe machte das unmöglich. Auch das ich das Geld einfach im
Kindergarten abgeben wollte macht diese Summe zunichte. Kurz ...Uwe
kam persönlich zu mir.
Ich informierte den Ortsbürgermeister Wolfgang Kurtze und die
Mitteldeutsche Zeitung und man traf sich am Dienstag, den 18. Juni
im Büro des Ortsbürgermeisters. Die Mitteldeutsch Zeitung schreibt
hierüber:
Links Uwe Riedel, rechts
Ortsbürgermeister Wolfgang Kurtze.
Die Bewohner aus Bienstädt in Tühringen haben 800 Euro für den Ort
Uichteritz gespendet, der stark vom Hochwasser betroffen war. Damit
haben die Bienstädter eine uralte Schuld beglichen.
Fast hätte es dem Uichteritzer Ortsbürgermeister Wolfgang Kurtze die
Sprache verschlagen. Da schaut dieser Tage ein Mann aus einem
kleinen thüringischen Dorf in dem ebenso kleinen Weißenfelser
Ortsteil vorbei und will sich revanchieren - für eine gute Tat vor
280 Jahren.
Doch der Reihe nach. Uwe Riedel heißt der gute Mann aus Bienstädt im
Landkreis Gotha. Der 48-Jährige verdient sein Geld in der IT-Branche
und ist Hobby-Heimatforscher. Dabei beschäftigt er sich insbesondere
mit dem in Uichteritz geborenen deutschen Kirchenlieddichter Erdmann
Neumeister (1671-1756). Hat sogar ein biografisches Mosaik über den
Theologen geschrieben. Dass sich Riedel ausgerechnet mit Neumeister
befasst, hat auch einen persönlichen Grund. „Ich erforsche meine
Familiengeschichte“, erzählt der Bienstädter und berichtet, dass er
ein direkter Nachfahre von Neumeisters Schwester in zehnter
Generation ist. So wie Neumeister einst an der kursächsischen
Landesschule (1686-1691) war auch Riedel Schüler an der heutigen
Landesschule in Schulpforta. „Als ich dort Schüler war, habe ich im
Archiv die 300 Jahre zuvor entstandene Abschlussarbeit Neumeisters
gefunden. Das war schon irgendwie aufregend“, berichtet der
Bienstädter, der 1984 sein Abitur abgelegt hat.
Im Laufe seiner Recherchen ist Riedel nun in Briefen Neumeisters an
den damaligen Gothaer Superintendenten Ernst Cyprian (1673-1745) auf
einen höchst interessanten Zusammenhang gestoßen. Wurde doch das
Dorf Bienstädt im März 1733 von einer großen Feuersbrunst
heimgesucht. Deshalb baten der örtliche Pfarrer und der Gothaer
Superintendent überall um Spenden für die vom Feuer gebeutelten
Bienstädter. Aus den genannten Briefen nach Gotha geht hervor, dass
der Uichteritzer Pastor Neumeister, der zu dieser Zeit in Hamburg
wirkte, zusammen mit Freunden vier Dukaten und zwei Gulden gesammelt
und in den thüringischen Ort geschickt hat. Was wohl auf die heutige
Währung umgerechnet um die 800 Euro waren.
„Als ich jetzt die Bilder vom Hochwasser in Uichteritz im Netz
gesehen habe, fiel mir der Brand in Bienstädt vor 280 Jahren wieder
ein“, berichtet Riedel. Die Bilder vom Uichteritzer Ortschronisten
Bringfried Schatz zeigten unter anderem auch, dass der Kindergarten
des Ortes von der Flut betroffen ist. Da traf es sich gut, dass sich
Riedel und Schatz schon seit mehr als zehn Jahren gut kennen. Und
bald war die Idee geboren, dass die Bienstädter doch zehn
Generationen später ihre „Schuld“ bei den Uichteritzern einlösen
könnten.
Gesagt, getan. Eine gute Gelegenheit bot sich am vergangenen
Sonnabend während eines jährlichen Open-Air-Konzertes bei
Privatleuten in Bienstädt. Nach einem Theaterstück des Heimatvereins
wurde der Hut herum gereicht. Band und Schauspieler traten ohne Gage
auf. Am Ende kamen weit über 700 Euro zusammen, die Riedel noch auf
800 Euro aufstockte.
Mit dem Geld im Gepäck kreuzten nun Uwe Riedel und Bringfried
Schatz im Büro des Uichteritzer Ortsbürgermeisters auf. An jener
Stelle im Ort übrigens, an der einst das Geburtshaus Erdmann
Neumeisters stand. „Ich bin überwältigt. Das ist doch eine schöne
Geschichte“, bedankte sich Kurtze, der von seinem Gast auch noch
dessen Buch über Neumeister und eine Medaille erhielt, herausgegeben
anlässlich des 50-jährigen Priesterjubiläums des Theologen im Jahr
1747. Eine Vorstellung, wofür das Geld in dem vom Hochwasser
gebeutelten Ort verwendet werden soll, hat Kurtze auch schon: „Der
Spielplatz am Sportplatz an der Saale ist vom Wasser arg in
Mitleidenschaft gezogen worden. Der Zaun ist kaputt. Hier müssen wir
was tun.“ Im Ortschaftsrat soll endgültig darüber entschieden
werden.
Anmerkung von Bringfried Schatz.
Wie immer haben die Zeitungschreiber nur halb hingehört und einige
Passagen im Text fantasievoll ergänzt :o).
Falsch ist die Summe, die Bienstädt vor 280 Jahren von Erdmann
Neumeister erhielt. Der Goldwert der Dukaten beträgt in etwa 600
Euro und nicht 800.
Es ist falsch, dass Uwe Riedel während seiner Schulzeit in
Schulpforte Erdmann Neumeisters Abschlussarbeit fand. Das geschah
später, im Zuge seiner Recherchen zu Erdmann Neumeister.
Es ist auch falsch, dass Uwe Riedel den Ortsbürgermeister sein
Neumeisterbuch vermachte. Er übergab eine Chronik des Ortes
Bienstädt.
Falsch ist auch, dass Uwe Riedel den Ortsbürgermeister Wolfgang
Kurtze eine Medaille von Erdmann Neumeister schenkte. Er hat sie ihm
nur gezeigt.
Falsch ist die Meldung, dass der Kindergarten vom Hochwasser der
Flut betroffen ist. Richtig wäre, dass Kinder der vom Hochwasser
betroffenen Familien in den Uichteritzer Kindergarten gehen.
Der Rest des Berichtes ist richtig und meiner Meinung nach eine sehr
gute Geschichte.
Ich möchte mich, auch im Namen der Einwohner von Uichteritz, bei den
Bienstädtern recht herzlich bedanken. Diese
Diese Tat wird nicht vergessen
werden.
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